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Wohnhäuser am Chao Phraya
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Mit der Eisenbahn nach Hinterindien: Nürnberg – Bangkok 1976

Ein historischer Reisebericht aus Bangladesch und Thailand

Text und Bilder: Karl-Heinz Ringel, Reisezeit 1976 | Erschienen im Trotter 194

Nachdem wir im letzten Trotter den historischen Reisebericht von Karl-Heinz Ringel aus Afghanistan und Pakistan veröffentlicht haben, folgt nun der nächste Textauszug seiner Eisenbahnfahrt 1976 von Deutschland bis nach Thailand: Karl-Heinz berichtet nun von seinen Erlebnissen in den Ländern Bangladesch und Thailand sowie vom Abschluss der Reise mit seiner Rückkehr nach Deutschland nach acht abenteuerlichen Wochen auf seinem Weg mit dem Zug nach Hinterindien im Jahre 1976:

Bangladesch 1976

Bahnhof in Dhaka (Bangladesch)
Bahnhof in Dhaka (Bangladesch)

Mit der Eisenbahn ging die Fahrt in Richtung Bangla Desch weiter. Indien und Bangla Desch sind verfeindete Länder. Die Eisenbahnschienen führen zwar durch das Niemandsland hinüber nach Bangla Desch, aber von Calcutta kommend fährt kein Zug weiter als bis zum Grenzbahnhof Gede. Die fünf Kilometer bis zum ersten in Bangla Desch gelegenen Bahnhof Darsana muß man eben zu Fuß zurücklegen. Und das zur Mittagsstunde bei einer Temperatur von fünfundvierzig Grad. Wie schon des öfteren auf dieser Reise, lief der Schweiß nur so. Es hat für uns auch Vorteile, daß die Menschen hier arm sind. Die Kulis unterboten sich im Preis gegenseitig, wer mein Gepäck über die Grenze tragen darf. Eine Rupie, das sind dreißig Pfennige, war der Preis für meine Reisetasche (Anm. d. Red.: Heutzutage ist eine indische Rupie 1,26 Euro-Cent oder 2,48 Pfennige wert. Der Wert der indischen Währung ist also um das 12-fache gestiegen).

Nach dem knapp einstündigen Gang auf den Schwellen bei mörderischer Hitze an der ostbengalischen Abfertigungsstelle angekommen, war ich ausgedurstet und sehnte mich nach einer eisgekühlten Limo oder Cola oder Bier. Die Enttäuschung war groß, denn es gab weder das eine, noch das andere zu trinken. Selbst für zwei US-Dollar war es nicht möglich, in diesem von Gott und der Welt verlassenen Dorf käuflich eine Limo zu erwerben. Ja, was gab es denn überhaupt zu trinken? Zwei Getränke standen zur Auswahl, eines davon gratis. Es gab heißen Tee in kleinen Tassen einerseits und kühles Wasser andererseits. Doch wie ich die stinkenden Misthaufen und die Jauchegrube in unmittelbarer Nähe des Brunnens gesehen habe, benützte ich das Brunnenwasser nur zum Füße waschen.                          

Bei der Einreise in dieses Land bekam ich ernsthafte Schwierigkeiten. Nachdem das Bild im Reisepaß mit dem nun bärtigen Gesicht nicht übereinstimmte und ich zum anderen nicht im Besitz eines Visums war, forderte man mich auf, nach Indien zurückzugehen. Nach drei Stunden zähen Handelns bin ich als Sieger hervorgegangen. Mir ist es einerseits gelungen, die Beamten davon zu überzeugen, daß Deutsche kein Visum benötigen, und zum anderen ist es mir gelungen, die Herren zu überreden, mich mit Bart einreisen zu lassen. Diese Grenze passieren pro Tag vielleicht zehn Personen, hauptsächlich Inder mit einer erforderlichen Sondergenehmigung. Etwa fünfzig Kilometer südlich von hier befindet sich eine Übergangsstelle für Autos.

Daß Inder und Bengalen sehr neugierige Menschen sind, bekam ich bereits oft zu spüren. So auch hier. Mittlerweile hatte sich im Dorf umher gesprochen, daß heute ein Deutscher eingereist sei. Nachdem es etwas nicht Alltägliches ist, daß ein Deutscher nach Bangla Desch einreist, will natürlich jeder den deutschen Touristen sehen, und zwar von nächster Nähe. So saß ich nun teeschlürfend auf einer Bank am Bahnsteig und hatte in Kürze hundert, hundertfünfzig, bald zweihundert neugierige Bengalen im Halbkreis um mich stehen. Mund und Augen der Leute waren zum Schauen geöffnet. Manche Bengalen hatten den Mund zum Schauen so weit geöffnet, daß links und rechts der Speichel heraus lief.

Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch
Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch

Früh um vier Uhr setzte sich der von einer Dampflok gezogene Schnellzug mit 1., 2. und 3. Klasse nach Dacca, der Hauptstadt von Bangla Desch, in Bewegung. Genauer ausgedrückt muß es heißen: nach Sirajganj. Nimmt man eine Landkarte zur Hand, so wird man feststellen, daß mitten durch Bangla Desch ein riesiger Fluß fließt, über den keine Eisenbahnbrücke führt: der Jammuna River. Am Westufer des Flusses liegt der Endbahnhof Sirajganj. Nach Dacca weiterreisende Passagiere müssen zu Fuß auf die Fähre und gelangen nach 3-stündiger Schiffsreise auf dem Fährort Jagannathganj an. Der Dampfer ist ein alter abgewrackter Kasten, wo an allen Ecken und Enden das Holz bereits morsch ist und das Blechdach bei Regen Wasser durchläßt. Aber es herrscht Zucht und Ordnung. Schaffner kontrollieren die Fahrkarten und Schwarzfahrer werden vor der Fahrt noch rechtzeitig an die frische Luft gesetzt. Das Gepäck solcher Leute wird ohne Diskussion gleich über die Reeling auf das Kai geworfen. Mit den fliegenden Händlern ohne Gewerbeschein wird auf dieselbe Art verfahren. Kann ein Händler mit seinem Bauchladen keine amtliche Verkaufsgenehmigung vorweisen, so wird er an Land gesetzt. Mault der Händler oder gibt er sogar freche Widerrede gegen die Staatsgewalt, so bekommt er mit dem Fuß einen Tritt ins Gesäß, daß er rückwärts die Treppen runtersegelt und die Pfefferminzstangen, Lutschbonbons und Zigarettenschachteln vom Bauchladen nur so durch die Gegend fliegen. Auch der Masseur muß sich ausweisen. Hundert Gramm Nüsse, die ich mir kaufte, waren in die Englisch Schularbeit eines Schülers eingewickelt, welche mit der Note 5 bewertet war. Am Zielhafen Jagannathganj dauerte es eine kleine Ewigkeit, bis all die Reisenden vom Schiff in die Bahn umgestiegen waren, bis die abgemagerten Kulis die unzähligen Pappschachteln vom Schiff in den Packwagen verladen hatten und die Postsäcke im Postwagen verstaut waren. Auch wenn es in Bangla Desh keine Berge gibt, so war die Landschaft trotzdem von Schönheit. Bananenstauden, Kokosnußpalmen, Reisfelder, Ochsenkarren und eine üppige Vegetation boten sich beiderseits des eingleisigen Schienenstrangs. Hunger leiden braucht hier auf dem Land niemand. Aufgefallen ist mir, daß bei Nacht auf keinem der Bahnhöfe Licht brennt. Im Schein der Petroleumfunzel werden Fahrkarten verkauft, wird das Gepäck verladen und wird der Zug abgepfiffen. Im Fahrpreis 2. und 3. Klasse ist Licht nicht inclusive, lediglich in den geräumigen Abteilen der 1. Klasse gibt es Minibeleuchtung. Man braucht aber keine Angst zu haben, daß etwas geklaut wird. Bahnpolizisten mit Schlagstock und Taschenlampe gehen durch die Waggons und schauen nach dem Rechten. Gegen Mitternacht erreichte der Schnellzug sein Ziel Dacca, die Hauptstadt von Bangla Desh. Im August 1975 hatte die junge Republik Bangla Desh in der Weltpresse Schlagzeilen gemacht. Damals herrschte in diesem Land Arbeitslosigkeit, Hunger, Not, Elend, Korruption, Krieg und der Mord an Staatspräsident Mujibur Rahman. Ein knappes Jahr nach dem Umsturz ist die  Lage in Dacca wieder normal.

Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch
Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch

Der Jubel, mit dem die Bengalen ihren »Vater« Mujibur Rahman um die Jahreswende 1971/72 bei seiner Heimkehr nach Dacca aus westpakistanischer Haft empfingen, ist längst verstummt. Kein Widerstand, nicht einmal Widerspruch regte sich, als der einst Vergötterte im Sommer 1975 unter den Salven seiner eigenen Palastwache starb. Aus dem Nationalhelden war ein gescheiterter Diktator geworden. Die westliche Welt hatte seit der Staatgründung Mujibur Rahmans Milliardensummen in dieses Land gepumpt. Der größte Teil der Beträge schlug sich keineswegs in zukunftssicheren Investitionen nieder. Was nicht in der Korruption versickerte, reichte gerade hin, ein erbärmliches Leben von der Hand in den Mund zu ermöglichen. Bangla Desh war seit seiner Gründung im Jahr 1972 bis Mitte 1975 der Welt größtes »Faß ohne Boden«. Im Gespräch mit intelligenten Einheimischen bekam ich weiter zu hören, daß Bangla Desh aufgrund seiner Überbevölkerung bereits eine Totgeburt war (Anm. d. Red.: Seitdem hat sich nichts zum Besseren verändert – im Gegenteil: Laut Fischer Weltalmanach 2019 hat Bangladesch heutzutage knapp 165 Millionen Einwohner (Platz 8 weltweit) mit einer Bevölkerungsdichte von 1.116 pro km² (Deutschland: 231) und ist somit eines der am dichtesten bevölkerten Länder der Welt). Hinzu kam das religiöse Problem in diesem Land: Eineinhalb Millionen »Biharis«, die zwar Moslems sind wie die Bengalen, werden von diesen aber wegen ihrer andersartigen Rasse und Sprache als rechtlose Minderheit herumgestoßen. Ausschlaggebend für den Hunger jedoch war gleich im ersten Jahr nach der Staatsgründung eine katastrophale Dürreperiode. In den Folgejahren trat das andere Extrem ein: Flutkatastrophen, welche die Dörfer und Reisfelder vernichteten und den Hunger ins Unermeßliche steigerten. Im Außenhandel war auch kein Profit zu erzielen. Bangla Desh ist zwar der Jute-Spitzenproduzent der Welt, aber diese Ware schlägt im Außenhandel längst nicht mehr zu Buch: ihr Preis stagniert seit Jahren, im Gegensatz zu dem der meisten anderen Rohstoffe. Bodenschätze gibt es in diesem Lande nicht und an Industrie hat dieses Analphabeten-Idiotenvolk außer ein paar Ziegelsteinfabriken nichts zu bieten.

Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch
Blick aus dem Zugfenster auf üppige Landschaften in Bangladesch

Das Öl jedoch ist auf dem Weltmarkt immer teurer geworden. Für dieses Land, welches seinen gesamten Bedarf an Öl aus dem Ausland decken muß, ist es zu einem Luxusgegenstand geworden. Den Doppelverdienern in Deutschland, welche ständig weinen, daß ein Liter Benzin fast eine Mark kostet, sei gesagt, daß in Bangla Desh der Liter viel, viel mehr als eine Mark kostet. Im Sommer 1975 war ein Drittel der arbeitsfähigen Bevölkerung arbeitslos gemeldet. Keine Bilanz aber sagte aus, wie viele hundert Menschen hier Tag für Tag des Hungers starben und wie viele Opfer der tägliche verübten Raub- und Mordanschläge waren. Bangla Desh war im Sommer 1975 hoffnungslos.

Die ganze Welt schaute damals besorgt auf dieses größte Armenhaus der Welt. Spontan hat die westliche Welt diesem Land geholfen. Die USA und Canada haben ganze Schiffsladungen Weizen im Hafen von Chittagong gelöscht. In der Bundesrepublik Deutschland hat man in den Kirchen für Bangla Desh gesammelt. Andere Länder schickten Medikamente, Lebensmittel und Geld. Zur Zeit bemühen sich 123 Hilfsorganisationen, das Land wieder halbwegs auf die Beine zu stellen. Einige davon sind: UNICEF, Terre des Hommes Nederland, Terre des Hommes Frankreich, Food & Agriculture Organisation, World Food Program, Clothe the nude, Colera research Laboratory, Christian Health Care Projekt (CHCP), das Internationale Comité des Roten Kreuzes und viele mehr. Man muß anerkennen, daß den Hilfsorganisationen ihre Tätigkeit bis jetzt recht gut gelungen ist. Die Bettler, die Hungernden und Verkrüppelten sind total aus dem Straßenbild verschwunden. Man kann sich in jedes Lokal setzen und sich große Portionen zu Essen bestellen. Ebenfalls braucht man in den unbeleuchteten Straßen der Hauptstadt keine Angst mehr zu haben, ausgeraubt zu werden. Alles geht wieder seinen normalen Gang. Freilich ist Bangla Desh nicht das wahre Paradies für einen Urlauber aus Europa. Zwar gibt es einige Moscheen zu besichtigen und bei der Stadtrundfahrt wird der Präsidenten Palast gezeigt. In der Stadtmitte ragen einige fünfstöckige Bankgebäude empor. Das ist alles, was Dacca zu bieten hat. Der Autoverkehr ist mehr als spärlich. Setzt eine Kuh einen Haufen auf die Straße, so dauert es nicht lange, bis jemand mit dem Eimer ankommt und mit der blanken Hand »einschaufelt«. Diese Kuhfladen werden getrocknet und als Brennmaterial verwendet. Zu sagen wäre noch, daß es alkoholische Getränke, Musikautomaten und Nachtleben nicht gibt. Hier kann man einen richtigen Sparurlaub verbringen. Meine Tagesausgaben in Dacca waren nie mehr als 10 Mark, die sich wie folgt zusammensetzten: Übernachtung im Einzelzimmer mit Dusche 5,– DM, 1 Flasche Sodawasser zum Zähneputzen -, 10 DM, Frühstück -, 70 DM, Mittagessen 1,– DM, Abendessen 1,– DM, Rikschafahren -, 40 DM, Getränke während des Tages -, 80 DM. Momentan sieht in Ostbengalen alles ganz friedlich und ordentlich aus. Momentan! Eines steht heute schon fest. Sobald die westliche Welt die Hilfe stoppt und die Hilfsorganisationen und Entwicklungshelfer abreisen, geht es mit Ostbengalen wieder rückwärts. Dann werden hier wieder Korruption, Arbeitslosigkeit, Hunger und Elend Einzug halten. Die Arbeit haben die Ostbengalen nicht erfunden und die Sauberkeit auch nicht. Hervorragende Wirtschafts- und Finanzminister sowie die Arbeit mit beiden Händen anpackende Politiker hat es hier noch nie gegeben, und wird es auch nicht geben. Der einfache Bengale hält mehr davon, recht viel Kinder in die Welt zu setzen anstatt einer geregelten Arbeit nachzugehen. Auf die Dauer kann  das nicht gut gehen.

Als Freund und Gönner der Eisenbahn hätte ich mich nach ein paar Tagen Aufenthalt in Dacca am liebsten in die Eisenbahn gesetzt und wäre weiter ostwärts gefahren: nach Burma. Aber das geht leider nicht. Nach Birma durfte man zum damaligen Zeitpunkt nicht auf dem Landwege einreisen, sondern nur mit dem Flugzeug und das auch nur bis höchstens acht Tagen Aufenthalt. Ein junger Amerikaner erzählte mir zwar, daß er von Thailand kommend bei Nacht und Nebel illegal eingereist ist und ebenso nach Bangla Desh ausreiste. Und er fügte hinzu: »An der Grenze wird mitunter scharf geschossen!«

Thailand 1976

Wohnhäuser am Chao Phraya
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So ließ ich das Vorhaben mit Burma fallen und buchte einen Flug nach Bangkok. Die Maschine der Thai International kam aus Neu Delhi und war bereits gut mit Junggesellen besetzt. Das Dinner in neuntausend Meter Höhe bestand aus: Fischsalat, Lammragout, gebratenem Hühnchen, Gemüse in Butter, Mango-Törtchen, Brötchen, Käse und Café. An alkoholischen Getränken konnte man selbst in der Touristenklasse trinken, soviel man wollte. Die thailändischen Stewardessen servierten während des gesamten Fluges französischen Rotwein, Cherry, Whisky, Gin, Wodka, Weißwein usw. Der erste über Thailand gewonnene Eindruck war also gut. Der zweite Eindruck war ebenfalls gut. Denn selbst zu nächtlicher Stunde ist reger Verkehr in den Straßen Bangkoks, Leuchtreklamen leuchten in allen nur möglichen Farben, junge Mädchen spazieren in engen Röcken durch die Straßen, Musik ertönt aus den Lokalen und sämtliche nur denkbaren alkoholischen Getränke kann man haben. Wenn man von Bangla Desh hier in Bangkok ankommt, so glaubt man im ersten Moment, im Paradies gelandet zu sein. Wenn man jedoch mit offenen Augen durch die Stadt geht und sich ausgiebig mit den Einheimischen unterhält, wird man leider eines anderen belehrt. Ein Teil der Bevölkerung ist bettelarm, die Elendsviertel sind stinkig und überbevölkert, die Kriminalität in Thailand ist die größte aller asiatischer Länder, Arbeitslosigkeit und Korruption sind hier beheimatet. Geographisch gesehen ist Thailand von den kommunistischen Ländern Burma, Laos und Kambodscha umgeben, war zur Folge hat, daß relativ oft grenznahe Polizeistationen und Siedlungen von kommunistischen Guerillas angegriffen und angezündet werden. Das Drogenproblem macht der Regierung auch Kopfzerbrechen. Schließlich sind viele junge Mädchen drogensüchtig. Die größte in englischer Sprache in Thailand erscheinende Tageszeitung »Bangkok Post« meldete am 5. Juni 1976 auf der Titelseite, daß der 25-jährige Rinaldi Morello zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Er hatte versucht, in Buddhastatuten versteckt ein Kilogramm Heroin außer Landes zu schmuggeln. Sein Komplice, der 33-jährige rauschgiftsüchtige Rinaldi Cristiano braucht die Strafe nicht abzusitzen, da er am 3. Mai an einer Überdosis Heroin starb. Der nach Bangkok reisende Tourist sollte folgende Ratschläge beachten:

1) Auf Grund von Handtaschendieben in den Straßen und Taschendieben in den überfüllten Autobussen sollte der Tourist so wenig Geld wie möglich bei sich führen. 2) Taxifahrer sind auch in Bangkok Spitzbuben. Man sollte immer Kleingeld bei sich haben und abgezählt bezahlen, da viele Taxichauffeure angeblich kein Kleingeld zum Rausgeben haben und somit das rauszugebende Geld als Trinkgeld betrachten. 3) Junggeselle, sei vorsichtig. Gehe niemals mit einem Mädchen von der Straße mit. Das sind häufig Transvestiten. 4) Oft wird der Tourist um eine Spende für angeblich wohltätige Zwecke angebettelt. Man kann dem aus dem Wege gehen, indem man plötzlich eben kein Englisch versteht. 5) Handeln, handeln, handeln. Handeln in Massagesalons, handeln bevor man ein Taxi besteigt, handeln im Souvenirladen, handeln bei jeder Gelegenheit.

Was Bangkok so bekannt macht, sind die unzähligen Massagesalons. Im Glaskasten dieser Häuser sitzen fünfzig, hundert, zweihundert, in einem Massagehaus sogar sechshundert junge Mädchen und warten, bis sie gewünscht werden. Was der Spaß kostet? Eine Stunde gebadet und massiert zu werden kostet 5,– DM. Komfortabel eingerichtete Massagesalons mit englisch sprechenden Masseusen nehmen etwas mehr. Wenn jemand denkt, die Thai-Mädchen machen nur mit zwei Fingerchen etwas Massage, so ist das ein Irrtum. Die Mädchen kneten kräftig und stellen sich mit ihrem gesamten Körpergewicht auf den darunter liegenden Badegast. Auch gibt es Badehäuser, wo sich Damen von Herren baden und massieren lassen können.

Bangkok ist nicht nur für den Junggesellen ein Paradies, sondern auch für den Feinschmecker. Restaurants mit chinesischer, vietnamesischer, indonesischer, koreanischer, indischer und japanischer Küche gibt es in Hülle und Fülle. Ebenfalls gibt es excellente Fischspezialitäten Restaurants. Außerdem gibt es hier zu Bangkok eine neue Art von Restaurants, welche unter dem Namen »Patakarn« bekannt sind. In Privatzimmern verschiedener Restaurants kann man sich von blutjungen Thai-Mädchen füttern und unterhalten lassen.

Ich hatte ja großes Glück. Einmal im Jahr veranstaltet das Sheraton-Hotel eine deutsche Woche. Diese Woche fand genau da statt, als ich zu Bangkok weilte. Somit konnte ich für weniger als DM 10,– drei Stunden lang essen, soviel das Herz begehrte. In weniger komfortablen Hotels kann man bereits für 5,– DM am Buffet teilnehmen. Der einfache Thailänder, der nur etwa 200,– DM im Monat verdient, kann es sich finanziell nicht leisten, in ein Restaurant zu setzen und sich bedienen zu lassen. Er nimmt in einem Straßenrestaurant für wenig Geld auf einem wackligen Hocker unter freiem Himmel von einem Bananenblatt, das als Teller dient, Reis mit Soße ein. Eine thailändische Spezialität sind gebackene Bananen.

Was hat Thailand außer Masseusinnen und Feinschmeckerlokalen noch zu bieten? Für den Wassersportler fahren tagtäglich vollklimatisierte Autobusse nach Pattaya. Hier am Golf von Siam kann man faul im feinen Sand liegen, im klaren Wasser schwimmen und tauchen, Wasserski fahren oder mit einem gemieteten Boot zu einer nahegelegenen kleinen unbewohnten Insel fahren.

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Wenn jemand der Lärm der 4,2 Millionen Stadt Bangkok zu laut und die Luft in den vor Autos verstopften Straßen zu stinkig wird, dem sei eine Fahrt nach Chieng Mai im Norden Thailands empfohlen. In unmittelbarer Nähe befinden sich der Mae Klang Wasserfall und der Sommerpalast des Königs. Autobus und Eisenbahn verkehren hier her. Der vollklimatisierte Waggon erster Klasse des Schnellzuges gleicht einem Luxuswaggon. Links und rechts des durch den Waggon gehenden Ganges befinden sich nur gepolsterte Fenstersitzplätze. Kein Tourist sollte sich entgehen lassen, den außerhalb von Bangkok gelegenen Rose Garden zu sehen. Gezeigt wird hier eine Zeremonie, wie junge kahlgeschorene Männer in orangefarbenen Gewändern zu buddhistischen Mönchen geweiht werden, die Hochzeit eines jungen Paares, der Fingernägeltanz junger Mädchen, Elefanten bei Schwerarbeit, einen Schwertkampf. Zu dem gezeigten Boxkampf sei zu sagen, daß bei einem thailändischen Boxkampf auch mit den Füßen »geboxt« werden darf. Hahnenkampf ist in Südostasien weit verbreitet. In den Philippinen läßt man die zwei Streithähne so lange kämpfen, bis ein Hahn tot umfällt. Sehr zu empfehlen ist die den ganzen Vormittag in Anspruch nehmende »Floating Market Tour«. Mit einem Motorboot geht die Fahrt entlang dem Chao Phya Fluß und die Kanäle, die hier in Bangkok als Klongs bezeichnet werden. Oft photographiert wird der farbenprächtige schwimmende Markt, wo von Booten Obst, Gemüse, Reis, Süßkartoffeln, lebende Fische und vieles mehr verkauft wird. Bei dieser Klongfahrt kommt die Armut der hier lebenden Menschen so richtig zum Ausdruck. In den gelbbraunen Wassern der Kanäle wird Wäsche gewaschen, Müll hineingekippt, gebadet, als Abort benutzt, Zähne geputzt und tief getaucht.

Thailändische Familien haben fünf und mehr Kinder. Vom alleinigen Verdienst des Familienvaters muß die gesamte Familie am Hungertuch nagen. Die bittere Armut ist die Ursache, weshalb so viele blutjunge Mädchen in Massagesalons und Nachtlokale als Animiermädchen geschickt werden. Wenn man abseits der breiten Prachtboulevards von Bangkok den vielen Unrat, die katastrophalen hygienischen Verhältnisse und bei Sonnenuntergang die dicken, fettgefressenen Ratten aus ihren Löchern kriechen sieht, dann darf es einen nicht in Staunen versetzen, daß hierzulande gelegentlich kleine Choleraepidemien auftreten. An sonstigen Krankheiten ist Tbc stark verbreitet, außerdem treten Kinderlähmung, Typhus, Pocken, Lepra und Malaria auf. Zwingend vorgeschrieben sind für alle Einreisenden Impfungen gegen Pocken und Cholera. Zu empfehlen ist weiter eine Impfung gegen Typhus und Paratyphus. Leider müssen diese Impfungen in Deutschland trotz der extrem hohen Krankenkassenbeiträge aus eigener Tasche bezahlt werden.

Der Film und das gleichnamige Buch »Die Brücke am Kwai« sind weltweit bekannt. Diese Brücke steht in Thailand; 130 Kilometer westlich von Bangkok. Zwar fährt jeden Tag ein Bus speziell für Touristen an die River Kwai Brücke. Man hat dort kurz Zeit zu photographieren und dann geht es wieder zurück. In aller Gemütlichkeit – ohne Eile und Gehetze – habe ich mit der Eisenbahn einen 2-tägigen Ausflug hierher unternommen. Zwar bin ich nur auf Holzbänken gereist, doch hatte ich hier viel mehr Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Über die Brücke am Kwai bin ich zu Fuß gegangen, bei Sonnenuntergang in einem nahegelegenen Restaurant unter freiem Himmel das Dinner eingenommen und am folgenden Tage den Friedhof besucht, wo beim Bau dieser Bahn nach Burma während des 2. Weltkrieges neuntausend Soldaten umgekommen sind. Bei der Rückkunft am Hauptbahnhof zu Bangkok war der internationale Expreßzug nach Kuala Lumpur in Malaya zu sehen. Doch alles Schöne im Leben geht einmal zu Ende und so fand diese schöne Reise nach einem langweiligen 16-stündigen Flug bei Nacht mit Zwischenlandung in Abu Dhabi und Amman seinen Abschluß

Karl-Heinz beim Turbanmacher in Indien
Karl-Heinz beim Turbanmacher in Indien
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